Werte in der Führung

Kennen Sie das Zitat nach Erich Fromm: „Auf dem Weg zu einer humanen Gesellschaft darf die materielle Werteorientierung nicht von der ethischen abgekoppelt werden?“ Vor allem nach den vielen großen Wirtschaftsskandalen, die wir mittlerweile erleben mussten, etablierte sich der Begriff des Wertewandels. Jeder kennt ihn. Und jeder weiß, was darunter zu verstehen ist. Doch sind wir mal ehrlich – ist dieses Verständnis nicht ziemlich individuell und an persönliche Erlebnisse gebunden?

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Als ich in den 1980er-Jahren meinen beruflichen Werdegang begann, funktionierte Führung sehr häufig so: Der Chef musste lediglich einen bestimmten Blick aufsetzen, damit die Belegschaft unmittelbar und ohne Worte wusste, was zu tun war. Widerspruch? – Gab es nicht. Jedenfalls nicht öffentlich. Und es funktionierte trotzdem. Es war halt einfach so…

 

„Isso, bleibt so!“

Mit „isso“ (übersetzt: Das ist so.) kommt man als Führungskraft heute nicht mehr so weit. Menschen haben ihre eigenen Vorstellungen davon, wie die Welt funktioniert. Sie machen diese stärker publik und gleichen sie mit den aufgeschriebenen und tatsächlich gelebten Werten von Unternehmen ab. Aber was heißt das genau? Sollen sich alle ab sofort nur noch liebhaben und auf der weichen Welle schwimmen? Darf zum Beispiel qualitätsgeminderte Arbeit zugunsten des Wohlfühleffekts der Mitarbeitenden toleriert werden? Oder darf jedes Mittel recht sein, um das Ziel zu erreichen?

 

Ein Beispiel aus der Praxis

Eine Führungskraft prägte vor nicht allzu langer Zeit den Satz: „Qualität kommt von Qual.“ Sie handelte sogar selbst nach diesem Prinzip und machte ihren drei zugeordneten Führungskräften klar, was darunter zu verstehen ist – mit der Erwartung, dass jede in diesem Sinne handeln müsse. Die Folge? Als die höhere Führungskraft nicht mehr anwesend war, verdrehten die drei die Augen und drückten sich nicht ganz druckreif aus. Und doch gingen alle drei Führungskräfte zu ihren Mitarbeitenden, um die Botschaft zu verkünden.

Die erste Führungskraft zog in diesem Sinne los und machte sich unter ihren Mitarbeitenden keine Freunde. Nicht wenige verfielen erstmal in Schockstarre. Bei anderen wiederum erwachte schlagartig der Oppositionsgeist. Hinter einem Pfeiler platziert, schrieb die erste Führungskraft alle Einwände nieder und führte darüber hinaus einige Konfliktgespräche.

Führungskraft Nummer zwei hingegen entschuldigte sich unentwegt bei ihren Mitarbeitenden, dass sie für die Entscheidung nichts könne. Dies erzeugte zum Teil Mitleid aber ebenso Gleichgültigkeit – man teilte das Leid unter allen Betroffenen ein wenig auf. Die Führungskraft erledigte die Arbeit ihrer Mitarbeitenden entsprechend lieber gleich selbst. So konnte sie sichergehen, dass sie tatsächlich gemacht wird.

Die dritte Führungskraft löste sich umgehend vom Begriff „Qual“ und formulierte ihn so um, dass die Frage nach einer stabilen Qualität der Arbeit im Mittelpunkt stand – und wie diese zu erreichen ist. Ehrlichkeit, Wertschätzung, Miteinander und Kommunikation standen bei dieser Führungskraft im Zentrum.

 

Vier Führungskräfte, vier Herangehensweisen, vier Ergebnisse

Wessen Führungsverhalten lässt sich hier als nachhaltig und werteorientiert bezeichnen? Wie gestaltet sich die Wertschöpfung? Wer kann es sich am ehesten erlauben, seine Mitarbeitenden auch mal mit kontroversen Themen zu konfrontieren?

An dieser Stelle gebührt jedem einzelnen der vier Führungskräfte ein angemessener Ratschlag:

  • Leiter: Holen Sie sich bitte dringend Feedback ein.
  • Nummer 1: Angst vor Strafe ist ein denkbar schlechter Motivator. Außerdem: Hinter einem Pfeiler zieht’s und dabei kann man krank werden.
  • Nummer 2: Vom Weinen bekommt man dicke und rote Augen. Da sieht man nicht mal mehr selbst, wo es eigentlich langgeht. Geschweige denn die Mitarbeitenden.
  • Nummer 3: Mit Ihnen würde ich mich gerne mal austauschen. Mal sehen, was wir voneinander lernen können.
 

Ziele erreichen und Mitarbeiterzufriedenheit schaffen – welche Hebel müssen gezogen werden?

Um es deutlich zu sagen: Werteorientierte Führung heißt nicht, dass qualitätsgeminderte Arbeit ungefragt hingenommen werden darf. Werteorientiert führen heißt, sich mit den Ursachen von Defiziten auseinanderzusetzen und einen Plan zu machen, wie denen beigekommen werden kann. Werteorientierte Führung bedeutet Nachvollziehbarkeit des eigenen Führungsverhaltens und Vertrauen auf die Intelligenz der Mitarbeitenden. Da soll „Isso“ keinen Platz finden.

Welche Hebel müssen nun in Bewegung gesetzt werden, damit Führungskräfte mit ihren Teams nicht nur das wirtschaftliche Ziel erreichen, sondern gleichzeitig auch die Mitarbeiterzufriedenheit sicherstellen?

Im Grunde genommen bleiben drei Aufgaben:

  1. Rekrutieren Sie das richtige Personal für die Führungsaufgaben.
  2. Machen Sie Ihr Führungspersonal fit und halten Sie diese Fitness.
  3. Fahren Sie eine Unternehmenskultur, die transformationale Führung zulässt und ermuntern Sie stets dazu.

Haben auch Sie solche, ähnliche oder völlig konträre Erfahrungen gemacht? Lassen Sie uns gerne darüber ins Gespräch kommen!